Agilität braucht man doch nur für komplexe Situationen

Diese Aussage höre ich ganz oft von Menschen, die mit meinem agilen Ansatz nicht einverstanden sind. Er mag ja berechtigt sein, aber doch nicht für die Probleme, mit denen wir es gerade hier zu tun haben – die sind doch eher einfach oder maximal noch kompliziert, aber doch sicher nicht komplex!

Und wenn etwas einfach oder allerhöchstens kompliziert ist, dann kann man doch einen Plan aufstellen und den ordentlich abarbeiten und schon hat man das Ergebnis erzielt. Wozu sollte man dabei iterativ und inkrementell vorgehen, man weiß doch schon ganz zu Anfang ganz genau wo man ankommen will?

Mittlerweile suche ich mir meine Projekte und meine Position darin so aus, dass das Projektteam die Freiheit hat, über das Projektvorgehen im Team selbst zu entscheiden. Und diese Freiheit hat man öfter als man denkt.

Was bringt Komplexität in eine Projektsituation?

Ganz offensichtlich wird eine Situation komplex, wenn die Abhängigkeiten so undurchschaubar sind, dass man immer wieder davon überrascht ist, wie sich das System verhält, und wenn man sich deshalb immer wieder neu auf die aktuelle Situation einstellen muss.

Die Kritiker eines agilen Vorgehens sagen, dass das für die meisten Projekte nicht gilt, da die fachlichen Zusammenhänge ja allerhöchstens kompliziert seien, aber sicher nicht komplex. Und deshalb sei ein agiler Ansatz für diese Projekte nicht adequat.

Diese Kritiker haben Recht! Ihre Aussage ist wahr!

Und trotzdem ist ein agiler Ansatz auch für solche fachlich einfachen bis komplizierten Projekte meistens der richtige! Und das kommt davon …

Projekte sind nicht nur wegen ihrer fachlichen Zusammenhänge komplex, die Komplexität kann auch ganz andere Ursachen haben!

Hier ist meine Hitliste von Ursachen für Komplexität in Projekten:

  • Unklare Entscheidungsstrukturen
  • Wechselnde Projektteilnehmer
  • Fehlendes Wissen über die fachlichen Zusammenhänge
  • Unklare oder wechselnde Projektziele

Vor ihrer Wirkung auf das Projektteam und das Projekt sind diese Ursachen vergleichbar mit komplexen Situationen: das Projektteam wird immer wieder vor die Situation gestellt, schnell Entscheidungen zu treffen, deren Auswirkungen sie nicht komplett überblicken können.

Und was hilft in so einer Situation? Resilienz!

Und ein agiles Vorgehen erhöht auf ganz unterschiedliche Arten die Resilienz des Projekts:

  • es fördert durch die Arbeit im Team die Übernahme von Verantwortung durch alle Teammitglieder
  • es erleichtert durch das Arbeiten in kurzen Iterationen das Treffen von Entscheidungen
  • es reduziert Kopfmonopole, da eine offene Kommunikation gefördert wird
  • es unterstützt den Wissensaufbau durch den Fokus auf eine nutzbare Dokumentation

Fazit: Ja – Agilität braucht man nur für komplexe Situationen, aber die begegnen einem in jedem Projekt!


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Eine Antwort zu „Agilität braucht man doch nur für komplexe Situationen“

  1. Avatar von Jelle

    Kent Beck hatte einen Beitrag „Waterfall is Back“. Er suchte die Ursache und nannte es „the Power System“. Das „Power System“ verdrängt die Tatsachen und versucht unerlässlich die Komplexität zu ignorieren:-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert